Soziale Arbeit in Deutschland ist zunehmend verwoben in eskalierende wirtschaftliche, soziale und ökologische Krisen innerhalb und zwischen Ländern rund um den Globus. Verursacht sind diese durch vielfältige, sich wechselseitig verstärkende Entwicklungen wie u.a. Armut, Klimanotstand und Umweltzerstörung, Populismus und Rassismus, unzureichender Gesundheitsschutz, prekärer internationaler Menschenrechtsschutz, Fluchtmigration infolge von Kriegen und Konflikten. Wachsende Ungleichheiten fordern daher die fachliche und politische Positionierung der Sozialen Arbeit in Theorie und Praxis auf allen Ebenen - lokal, national, inter- und transnational sowie global - heraus, um Menschenrechte und eine sozialökologisch gerechte Transformation durchzusetzen.
Im internen Austausch und bei der Umsetzung von Aktivitäten möchte die Fachgruppe das breite Spektrum Internationaler Sozialer Arbeit sichtbar machen. Wir diskutieren themen-/arbeitsfeldübergreifend z.B. (De)Kolonialität, Friedensbildung, Globalisierung, entwicklungspolitische Themen, Menschenrechte, Postmigration, Transnationalität, Migration, Armut, Benachteiligung, Klimawandel und Kriege. Der internationale Austausch und die Kollaboration innerhalb der Profession und Disziplin Sozialer Arbeit sind uns dabei wichtig. Thematische Schnittstellen mit anderen Fachgruppen möchten wir zur Zusammenarbeit nutzen.
In Forschung, Lehre und Praxis der Sozialen Arbeit verfolgt die Fachgruppe „Internationale Soziale Arbeit“ eine Überwindung des nationalen Container-Denkens durch transnationale Perspektiven und Internationalisierung in allen Handlungsfeldern der Profession. Hierbei sind der internationale Austausch, die internationalen Verbände der Sozialen Arbeit ebenso wie soziale Bewegungen und zivilgesellschaftliche Organisationen wichtige Bündnispartner. Fachliche Ausbildung, Expertise und Organisation im Kontext Internationaler Sozialer Arbeit sind Bausteine einer Einmischung in weltweite gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Diskurse als Anwälte und Anwältinnen derjenigen, die selbst, aufgrund struktureller Marginalisierung, ihre Stimme nicht erheben können. Es geht aber auch darum, in eigener Sache die Formulierung professioneller Standards zu gestalten, ohne dabei die unterschiedlichen Bedingungen und (postkolonialen) Entwicklungen im globalen Norden bzw. Süden zu vernachlässigen.
Über die Schwerpunkte der Mitglieder der Gruppe sind unter dem Überbegriff „Internationale Soziale Arbeit“ auch transnationale und europäische sowie vergleichende Soziale Arbeit integriert.
Im Jahr 2024 feiert die Fachgruppe ISA ihr 10-jähriges Bestehen. Für die Mitglieder stellt die Fachgruppe einen Ort dar, in dem sich alle Interessierten vertrauensvoll fachlich-kollegial austauschen und die Themen Internationaler Sozialer Arbeit zusammen weiterentwickeln. Dabei ist uns wichtig, Machtverhältnisse - u.a. in der Wissenschaft und in der Fachgruppe - kritisch zu diskutieren und einen gleichberechtigten, wohlwollenden Umgang miteinander zu pflegen.
Die Fachgruppentreffen finden in der Regel viermal jährlich statt.
Wir laden alle Interessierten herzlich ein, die Gruppe mitzugestalten, Ideen einzubringen und gemeinsam Projekte umzusetzen. Neue Mitglieder aus Praxis und Wissenschaft heißen wir herzlich willkommen! Außerdem möchte die Fachgruppe Promovierende aktiver einbinden. Bei Interesse freuen sich die Sprecher:innen über eine Nachricht.
vom 7.4. bis 7.7.2025, jeweils montags von 18 bis 20 Uhr, wechselnde Vortragende
mehr Infos: siehe “Aktivitäten 2025”
Die Fachgruppe trifft sich in der Regel 4mal jährlich (meist digital), das nächste Fachgruppentreffen findet voraussichtlich im Februar 2025 statt. Die Fachgruppe freut sich über Interessierte und neue Mitglieder aus Praxis und Wissenschaft.
Im Sommersemester 2025 wird die FG eine digitale Ringvorlesung mit dem Titel: "International Social Work: Self-conception and reactions to global crises and regulations" ausrichten. Vom 7.4. bis 7.7.2025, jeweils montags von 18 bis 20 Uhr, werden wechselnde Vortragende der „großen Frage“ nachgehen: Was verstehen wir aktuell unter Internationaler Sozialer Arbeit – insbesondere in Hinblick auf globale Krisen und „shrinking spaces“ für Interventionen, z.B. durch politische Beschränkungen? Unter den Vortragenden werden u.a. sein: Sanela Bašić, Petra Dankova, Chaitali Das, Priska Fleischlin (IFSW), Çinur Ghaderi, Isabelle Ihring, Dirk Oesselmann, Uzoma Odera Okoye, Andrea Schmelz, Kristin Sonnenberg, Helmut Spitzer, Nina Westerholt.
Die für das SoSe 2025 angedachte Ringvorlesung der Fachgruppe Internationale Soziale Arbeit will der „großen Frage“ nachgehen, was verstehen wir aktuell eigentlich unter Internationaler Sozialer Arbeit? Diese grundlegende Thematisierung des Feldes, die in der Fachgruppe von Beginn an kontrovers diskutiert wurde, ist immer auch eine des eigenen Selbstverständnisses.
Aktuell geht Internationale Soziale Arbeit von jenen herausfordernden Themen einer „globalen Vielfachkrise“ aus, an denen sie weder theoretisch noch praktisch vorbei kann, weder national noch international. Die Knotenpunkte dieser „globalen Vielfachkrise“ sind u.a. globale Ungleichheit, neoimperiale Politiken, Konflikte, Kriege, Klimawandel, Migration, Fundamentalismus; Rassismus, Antisemitismus, Antiislamismus und Populismus.
In einer reflexiven und kritischen Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen, die zugleich analysiert und Lösungen sucht, kann Internationale Soziale Arbeit sich der eigenen Positionen neu vergewissern bzw. über neue Fragen zu „neuen Ufern“ gelangen und somit auch das eigene utopische Potential erhöhen. In einer Zeit der großen Herausforderungen und Umbrüche, die durch die globalen Vielfachkrise ausgelöst werden bzw. diese zudem beschleunigen, scheint dies geboten.
Ein besonderer Blick muss dabei auf die Reaktionen der Sozialarbeit in unterschiedlichen Ländern auf Einschränkungen zivilgesellschaftlicher Aktivitäten durch konservative, populistische und autoritäre Politik geworfen werden; vielfach diskutiert als shrinking spaces. Gerade diese erkennbaren politischen Einschränkungen der Spielräume verengen auch die möglichen Antworten auf die angedeuteten Krisen und Herausforderungen. Die Diskurse (und Vorträge) der Ringvorlesung sollten deshalb auch im Kontext von Sozialarbeit und internationaler Politik Erörterung finde. Dabei sind auch die seitherigen Positionierungen zu neoimperialen Entwicklungen bzw. zur Kritik an postkolonialen Positionen zu hinterfragen. Letztlich sollte diese Auseinandersetzung vor dem Hintergrund der alten und immer wieder zu erneuernden Dialoge zwischen Indigener Wissenschaft (Epistemologien des Südens) und westlicher Wissenschaft (Hegemonie) stattfinden.
Weitere Aktivitäten sind angedacht und befinden sich in der Diskussion. Beteiligung an diesem Prozess, zusätzliche Ideen oder die Bereitschaft, konkrete Aktivitäten umzusetzen sind herzlich Willkommen!
Für das Sommersemester 2025 wurde die Planung einer Ringvorlesung zur Frage „Was ist Internationale Soziale Arbeit?“ initiiert.
Am 15.11.2024 fand auf Einladung der FG der Onlinevortrag „Eine Perspektive der Jineolojî: Wie können NGOs – im Gegensatz zur NGOisierung – zum Wohle der Gesellschaft handeln?“ von zwei Dozentinnen der Rojava Universität, Demokratischen Selbstverwaltungsregion Nord- und Ostsyrien (DAANES), statt. Ca. 55 Personen nahmen teil, auch ein Seminar der EvH RWL Bochum. Die Probleme, die humanitäre NGOs in der Region produzieren, wie auch die positive, gesellschaftlich verbundene Rolle der neuen Universitäten (seit 2016) und des Fachbereichs Jineolojî wurden verdeutlicht. Angesichts von Krieg und diplomatischer Isolierung sind akademische Kooperationen und Austausch von großer Bedeutung.
Am 16.11.2024 hielt unser Mitglied Prof. Dr. Karsten Kiewitt einen eingeladenen Vortrag zum Thema „Kulturelle Selbstbestimmung. Indigene darstellende Künste im 21. Jahrhundert“ im Rahmen des Festivals „Tage des Indigenen Films“ in Rostock. Im Rahmen des Festivals wurden Filme Indigener Filmschaffender gezeigt, die Lebensrealitäten in Indigenen Gemeinschaften und die Auswirkungen des Kolonialismus abbilden, ein Thema, das auch die Soziale Arbeit berührt.
Im September erschien das Buch "Krieg, Konflikt und Soziale Arbeit. Herausforderungen, Visionen und Praxen zur Friedensgestaltung" von Caroline Schmitt, Karsten Kiewitt, Tanja Kleibl und Ronald Lutz (Beltz Juventa). Der Band möchte die Erfahrungen in den Bereichen Umgang mit Krieg und Kriegsfolgen, Peacebuilding und Transformation bündeln und eine friedensorientierte Soziale Arbeit im Dialog vielfältiger Perspektiven weiterdenken.
Im Rahmen der DGSA-Konferenz im April 2024 in Jena hat die Fachgruppe ein Panel zum Thema „Imagining Otherwise – (Un-)Möglichkeiten Sozialer Arbeit in globalen Kontexten“ mit Sandra Holtgreve, Nina Westerholt und Karsten Kiewitt ausgerichtet.
Gemeinsame Jahrestagung 2023:
Am 29. und 30. September 2023 fand an der Frankfurt University of Applied Sciences die gemeinsame Tagung „Krise, Katastrophe, Kollaps: Die Rolle der Sozialen Arbeit - Intersektionale und dekoloniale Perspektiven“ der Fachgruppen „Flucht, Migration, Rassismus- und Antisemitismuskritik (Migraas)“, „Internationale Soziale Arbeit“, „Klimagerechtigkeit und sozialökologische Transformation in der Sozialen Arbeit“ der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) und des Arbeitskreises „Flucht, Agency und Vulnerabilität“ im Netzwerk Fluchtforschung statt. Die Begriffe Krise, Katastrophe und Kollaps bringen die erheblichen Herausforderungen unserer Zeit in Folge von Naturkatastrophen, politischen Konflikten, Kriegen, Armut, damit einhergehenden Fluchtbewegungen und zunehmenden globalen Ungleichheiten sowie wirtschaftlichem Abschwung zum Ausdruck. Krisen, Katastrophen und Kollapse haben schwerwiegende Auswirkungen auf Menschen, Communities und die Weltgesellschaft, einschließlich sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Zerstörung, psychologischer Traumata, psychosozialer Belastungen und körperlichen Leids. Im Kontext von Krisen, Katastrophen und Kollapsen spielen Sozialarbeiter*innen eine entscheidende Rolle in der Prävention, im Wiederaufbau und der nachhaltigen und gerechten Gestaltung ökosozialer Gemeinwesen.
World Social Work Day 2023:
Am Welttag der Sozialen Arbeit hat die FG ISA im Rahmen der Veranstaltungsreihe des DBSH einen Workshop zu Global Crisis as a Challenge für International Social Work angeboten. Im Fokus standen Perspektiven der Klimakrise und ihre Implikationen für die internationale Soziale Arbeit. Nach Kurzreferaten von Ilham Rawoot (Mosambique), Kefilwe Dithlake (Südafrika) und Andrea Schmelz (Deutschland) diskutierten mehr als 50 Teilnehmer*innen zu aktuellen Positionierungen und Praxisansätzen der internationalen Sozialen Arbeit aus verschiedenen Länderperspektiven. Die Veranstaltung moderierte Claudia Lohrenscheit. Weitere Infos: https://www.dbsh.de/itsa/programm-world-social-work-day-2023/donnerstag-16032023.html
Tagung in Mosambik: Participatory Action Research and Emancipatory Development Approaches in Conflict Affected Areas: Nothing about us without us:
Under the slogan “Working towards a conflict resilient, socially cohesive and just economic transformation in order to construct long-lasting peace processes“, the Denis Hurley Peace Institute of South Africa (DHPI) in collaboration with the Technical University of Würzburg-Schweinfurt (THWS), International Child Development Programme Mozambique (ICDP), Catholic University of Mozambique (UCM) and the Expert Group “International Social Work” of the German Association of Social Work (DGSA-ISA) are organizing a Participatory Action Research (PAR) learning event (summer/winter school). The event aims to decolonise mainstream knowledge production in development and peace-building work through turning research into an active partnership with local society, to address the pressing social needs of people living in conflict affected areas, in particular forced migrants, who suffer from a range of exclusionary processes, not least those based on ethnicity, gender, religion and class differences. The learning event will be held from 30th July until 5th of August 2023, in Northern Mozambique in a bilingual format (Portuguese & English – translation possibly self-organized). It will bring engaged researchers, NGOs workers, faith-based organizations, social activists and grass roots groups together.
Neue Arbeitsgruppe zur Internationalen Soziale Arbeit in historischer Perspektive:
Im April 2023 hat sich eine Arbeitsgruppe zur Geschichte der internationalen Sozialen Arbeit gegründet, die pluriverse Zugänge und neue Perspektiven von ´global histories of social work“ diskutiert.
Schmitt, Caroline/ Kiewitt, Karsten/ Kleibl, Tanja/ Lutz, Ronald (Hrsg.): Krieg, Konflikt und Soziale Arbeit: Herausforderungen, Visionen und Praxen zur Friedensgestaltung. Weinheim: Beltz Juventa 2024
Lohrenscheit, Claudia/Schmelz, Andrea/Schmitt, Caroline/Straub, Ute (Hrsg.): Internationale Soziale Arbeit und soziale Bewegungen. Baden-Baden: Nomos 2023
Cajete, G.; Ditlhake, K.; Kiewitt, K.; Kleibl, T.; Lutz, R. Schirilla, N. (2023): Indigenous Knowledge – Indigenous Science. Impacts on Social Work. In: Köttig, M.; Kubisch, S.; Spatscheck, C. (Hrsg.): Geteiltes Wissen – Wissensentwicklung in Disziplin und Profession Sozialer Arbeit. Opladen: Budrich; S. 91-102
Nina Westerholt, Hochschule Niederrhein
Esther Kronsbein, Hochschule RheinMain
Bei Interesse an der Fachgruppe freuen wir uns sehr über eine Nachricht!
Kontakt:
Nina.Westerholt(at)hs-niederrhein.de
Esther.Kronsbein(at)hs-rm.de
Kurzportraits:
Nina Westerholt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Niederrhein und beschäftigt sich im Rahmen ihrer Dissertation aus einer kolonialkritischen Perspektive mit Wissensverständnissen und ihrer Bedeutung für Internationalität in Curricula von Studiengängen Sozialer Arbeit mit internationalem Fokus. Sie hat vielfältige internationale Erfahrung u.a. in Aoteaora Neuseeland, Fidschi, Australien und Schweden sammeln können.
Esther Kronsbein ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule RheinMain und hat sich in ihrer Dissertation mit den Auswirkungen der Globalisierung auf die alltäglichen, z.T. solidarisch organisierten, wirtschaftlichen Aktivitäten in einer ländlichen Region Ugandas beschäftigt. Sie bringt einen machtkritisch, postkolonial, intersektional orientierten Blick mit sowie internationale Erfahrung, v.a. in Uganda und Ruanda.