Fachgruppen

Sozialwirtschaft


Sprecher

Prof. Dr. Wolf Rainer Wendt


Kontakt

prof.dr.wendt(at)googlemail.com


Fachgruppe Sozialwirtschaft


Die Fachgruppe Sozialwirtschaft befasst sich mit der Theorie und Praxis der Bewirtschaftung sozialer Leistungserbringung, der Gestaltung sozialer Versorgung und der Ökonomie Sozialer Arbeit. Sie erörtert diese Arbeit auf der Handlungsebene von Organisationen, Diensten und Einrichtungen im Spektrum der Sozialwirtschaft bzw. von Unternehmungen in der Gesellschaft zur Beförderung der Wohlfahrt von einzelnen Menschen und des Gemeinwesens. Thematisiert wird die Ökonomie der öffentlichen, sozialen und persönlichen Daseinsvorsorge, ihr Management und das Zusammenwirken der Akteure auf diesem Gebiet. Die Fachgruppe vertritt die Gesichtspunkte der Sozialwirtschaft und ihrer Lehre (Sozialwirtschaftslehre) in der Wissenschaft der Sozialen Arbeit.

Die Fachgruppe kooperiert mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmanagement/Sozialwirtschaft an Hochschulen (BAG SMW) e. V. und der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialmanagement/Sozialwirtschaft (INAS) e. V.

Die Tagung wird von der Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmanagement/Sozialwirtschaft an Hochschulen e.V. und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heidenheim in Kooperation mit der Fachgruppe Sozialwirtschaft als hybride Veranstaltung durchgeführt.

Die Tagung findet am 31. März von 9.30 Uhr bis 16 Uhr statt an der DHBW Heidenheim, Marienstr. 20, 89518 Heidenheim an der Brenz.

Anmeldung bitte bis 14. März 2023 per E-Mail an roman.grinblat(at)dhbw.heidenheim.de  

 

 


Wendt, Wolf Rainer (Hrsg.): Wohlfahrtsarrangements. Neue Wege in der Sozialwirtschaft. Nomos, Baden-Baden 2010

Wendt, Wolf Rainer (Hrsg.): Sozialwirtschaftliche Leistungen. Versorgungsgestaltung und Produktivität. Ziel-Verlag, Augsburg 2011

Wendt, Wolf Rainer (Hrsg.): Sorgen und wirtschaften. Springer VS, Wiesbaden 2022


Bei ihrem Treffen am 29.1.2014 hat die Fachgruppe Sozialwirtschaft der DGSA Akzente in der Theoriediskussion gesetzt.

Während ein enges Verständnis von Sozialwirtschaft auf die dienstleistenden Unternehmen in ihr fokussiert, ist der Blick auf die Beziehungen zu richten, in denen ein sozialer oder gesundheitsbezogener Bedarf von Sozialleistungsträgern, Leistungserbringern und von informell Beteiligten und Betroffenen erkannt, ausgehandelt, bedient und gedeckt wird. In den Beziehungen der Akteure aufeinander nehmen sie Verpflichtungen wahr und disponieren entsprechend in ihrem Einsatz von Mitteln und Kräften.

Sozialwirtschaftlich wird in Prozessen der Kommunikation und Kooperation gehandelt, durch welche eine „gemischte Produktion von Wohlfahrt“ in den Beziehungen der Beteiligten gestaltet wird. Besondere Beachtung verdient die Regulierung und Steuerung des Geschehens (wie sie in Konzepten von Governance und Sozialmanagement diskutiert werden).

Innovation erfolgt in sozialwirtschaftlichen Kontexten vor allem dadurch, dass neue Wege in der Problembewältigung und Versorgung gebahnt und neue Arrangements mit den Beteiligten getroffen werden.

Zum Thema „Nachhaltiges Managen“ bzw. „Management von Nachhaltigkeit“ wurde von Armin Schneider ein Projekt vorgestellt, in dem Soziale Arbeit sich mit der ökologischen Dimension nachhaltigen Handelns und dessen Förderung in der Jugendtouristik verbindet.

Die Fachgruppe diskutierte bei ihrem Treffen eine Reihe von Publikationen zur Sozialwirtschaft, darunter das „Kölner Journal. Wissenschaftliches Forum für Sozialwirtschaft und Sozialmanagement“, sehr zu empfehlen für die Weiterführung des Theoriediskurses, und das in 2. Auflage gänzlich neue bearbeitete „Lexikon der Sozialwirtschaft“.

Das nächste Treffen der Fachgruppe Sozialwirtschaft ist noch nicht terminiert und wird voraussichtlich im Herbst 2014 stattfinden.


Die Europäische Kommission hat in der Mitteilung „Initiative für soziales Unternehmertum. Schaffung eins ‚Ökosystems’ zur Förderung der Sozialunternehmen als Schlüsselakteure der Sozialwirtschaft und der sozialen Innovation“ – KOM(2011) 682 endgültig – vom 25.10.2011 die Sozialwirtschaft weitgehend mit Sozialunternehmen identifiziert und ihnen zugerechnet

  • Unternehmen, die Sozialdienstleistungen erbringen und/oder Güter und Dienstleistungen für besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen anbieten (Vermittlung von Wohnraum, Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Betreuung von älteren oder behinderten Personen, Integration sozial schwacher Bevölkerungsgruppen, Kinderbetreuung, Zugang zu Beschäftigung und lebenslangem Lernen, Pflegemanagement usw.) und/oder
  • Unternehmen, die bei der Produktion von Waren bzw. der Erbringung von Dienstleistungen ein soziales Ziel anstreben (soziale und berufliche Eingliederung durch den Zugang zur Beschäftigung für Personen, die insbesondere aufgrund ihrer geringen Qualifikation oder aufgrund von sozialen oder beruflichen Problemen, die zu Ausgrenzung und Marginalisierung führen, benachteiligt sind), deren Tätigkeit jedoch auch nicht sozial ausgerichtete Güter und Dienstleistungen umfassen kann.

Zwar wird in der Mitteilung auf eine präzise Definition von Sozialwirtschaft verzichtet, inhaltlich sollen den Begriff aber die genannten Unternehmen als „Schlüsselakteure“ erfüllen. Dass dabei die Betonung auf „soziales Unternehmertum“ gelegt wird, ist vor dem Hintergrund der Binnenmarktakte „Gemeinsam für neues Wachstum“ der EU (KOM(2011) 206 endg.) vom April 2011 zu verstehen, die als Leitaktion zum Sozialen Unternehmertum die „Schaffung eines europäischen Rechtsrahmens zur Förderung von Solidarinvestmentfonds, der diesen Fonds die Möglichkeiten des Binnenmarkts erschließt“ vorsieht. Ein erster Beitrag zu der Förderung, die sich die Kommission angelegen sein läst, ist der Vorschlag, ein Gütesiegel über „Europäische Fonds für Soziales Unternehmertum“ einzuführen (KOM(2011) 862 endgültig, vom 7.12.2011).

So begrüßenswert die Förderung von Sozialunternehmen ist, gegen eine Verengung des sozialwirtschaftlichen Horizonts auf dienstleistende Unternehmen bzw. auf soziales Unternehmertum im europäischen Binnenmarkt ist einzuwenden, dass die Unternehmen primär bedarfswirtschaftlich, nicht in einem Markt, sondern in einem sozialpolitisch gestalteten Zusammenhang agieren, in dem der Staat mit dem Einsatz öffentlicher Mittel und die Bürger mit eigenem Engagement die soziale Versorgung wesentlich bestimmen. Mit dem Leistungsangebot von Unternehmen werden in der Sozialwirtschaft größtenteils gesetzliche Aufträge „im allgemeinen Interesse“ wahrgenommen. Bei aller Freiheit auch in privater Initiative und in der möglichst flexiblen Art und Weise, mit der sich selbstständig oder genossenschaftlich und kooperativ ein sozialer Bedarf decken lässt, folgen Sozialunternehmen in der Ausführung von Versorgungsaufträgen doch den Dispositionen, die im Gemeinwesen zur Erbringung von Sozialleistungen getroffen sind.

Die Kommissionsinitiative ist mit Blick auf Finanzierungsmöglichkeiten allseits begrüßt worden – vom Wirtschafts- und Sozialausschuss des Europäischen Parlaments bis zur Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Dabei hat letztere auf eine „weite Beschreibung von sozialem Unternehmertum“ Wert gelegt, während der WSA in seiner Stellungnahme vom 26.10.2011 dazu aufforderte, besser nur den Begriff „soziales Unternehmen“ zu verwenden, denn er schließe das soziale Unternehmertum ein. Sozialwirtschaft indes umgreift beider Geschäft in den Dimensionen des Versorgungsgeschehens und seiner Bewirtschaftung.

Die Rolle und das Innovationspotenzial von Unternehmen in der Sozialwirtschaft werden nicht unterschätzt, wenn man diese Akteure einem Handlungsrahmen zuweist, der sie institutionell und funktional in der sozialen Versorgung und der Bearbeitung sozialer Probleme verortet. Das Geschäft einzelner Unternehmen in diesem Tätigkeitsbereich hängt ab von der ganzen Ökonomie der Aufgabenerledigung in ihm und trägt zu ihrer Bewirtschaftung bei. Die wirtschaftliche Verantwortung, welche die sowohl allgemein zugänglichen Humandienste und ihre Träger als auch die ihre Mitglieder bedienenden Selbsthilfe-, Gegenseitigkeits- und Kooperativ-Organisationen tragen, erschöpft sich nicht in ihrem Betriebserfolg als Unternehmen. Im Bezugsrahmen der Sozialwirtschaft realisieren sie gesellschaftliche Dispositionen zur individuellen und gemeinschaftlichen Wohlfahrt. Sie ist das ökonomische Ziel – in der Ressourcenverwendung insgesamt und im Detail der Leistungserbringung. Sozialunternehmen fungieren als Teilnehmer an einer „gemischten Produktion von Wohlfahrt“. Soziales Unternehmertum mag sch darin auszeichnen und mit kreativen Lösungen zum Aufgabenprogramm beizutragen. Isoliert von ihm und als ein beliebiges Geschäft im Markt übernimmt es keine Verantwortung in der Sozialwirtschaft, und so kann mit ihm in der sozialen Versorgung nicht beständig gerechnet werden. In ihr bleiben die Sozialleistungsträger und die öffentlichen und die frei-gemeinnützigen Organisationen der Wohlfahrtspflege weiterhin die „Schlüsselakteure“ der Sozialwirtschaft. Aufmerksam wird im Interesse sozialer Aufgabenerfüllung zu verfolgen sein, an welchen Stellen und wie sich soziales Unternehmertum in das sozialwirtschaftliche Geschehen einfügt und es innovativ voranzubringen vermag.

Anlass des Treffens war die kürzlich veröffentlichte "Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen" der Bundesregierung. Danach ist die Frage gestellt worden, wie Sozialwirtschaft künftig begriffen werden soll - nach Maßgaben der Gemeinwohlorientierung oder der Gemeinnützigkeit. Die Frage nach dem Zuschnitt der Sozialwirtschaft steht schon länger im Raum - für die Fachgruppe Sozialwirtschaft bereits seit der Mitteilung der EU-Kommission 2011 zum social business. Die Sicht der Wohlfahrtsverbände ist eine andere als die in der Europäischen Union verbreitete. Eine ökologische Ausrichtung ist zu der solidarwirtschaftlichen und der auf die Erbringung von Sozialleistungen bezogenen Konzeption von Sozialwirtschaft hinzugekommen. Dazu ergab sich bei dem Treffen eine intensive Diskussion.